Der Botanische Garten von Palermo ist der älteste seiner Art in Europa und gehört zu den besten akademischen Einrichtungen Italiens. Wenn Sie ein Bewunderer der Natur sind und sich eine Auszeit vom urbanen Trubel wünschen, ist diese grüne Oase der Ruhe einen Besuch wert, genau so wie die angrenzende Villa Giulia Parkanlage. In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie dort erwartet.
von: Eugenio Rusignuolo | 02 Oktober 2021
Die Gründung der königlichen Akademie von Palermo führte 1779 zur Anlage eines kleinen botanischen Gartens zum Zweck der Kultivierung von lehrreichen Heilpflanzen. Dieser wuchs bald über seine Grenzen hinaus und so wurde 1789 die Bepflanzung an dem heutigen Standort fortgesetzt.
Sechs Jahre später wurde der Garten offiziell eröffnet, 1906 erneut erweitert und nimmt heute eine Fläche von 10 Hektar ein.
In seiner 200-jährigen Geschichte hat der botanische Garten eine wichtige Rolle bei der Erforschung und Verbreitung unzähliger Arten mediterraner, tropischer, subtropischer und exotischer Flora in Sizilien, Europa und dem gesamten Mittelmeerraum gespielt.
Sehr schön beschrieb Goethe den Garten im Bericht von seiner im Jahr 1787 unternommenen Italienreise als den wunderbarsten Ort. Goethe befasste sich mit Botanik und im Rahmen seiner Studien suchte er in dem Botanischen Garten von Palermo nach einer Urpflanze
Aus dieser, so seine These, könnten sich alle Pflanzenarten entwickeln. Den Begriff der "Urpflanze" verwendet er der Überlieferung nach auch erstmals während eben dieser Italienreise.
Heute gibt es etwa 12.000 Arten von Pflanzen, die unter dem Schutz des Gartens und dem günstigen Klima Palermos in Ruhe wachsen können. Unter diesen Bedingungen wird der natürliche Lebensraum der meisten Pflanzen nachgestellt und das Wachstum der Pflanzen und ihrer Blüten erleichtert.
Viele Besucher des Parks freuen sich über die vielen Kakteen, Palmen oder eine Orangenbaumallee und wer nicht nur gedankenlos flanieren will, der kann sich auf den Hinweisschildern über die jeweiligen Pflanzen näher informieren.
Gegründet in der großen Zeit der Entdeckungen, wurden die Gärten zwischen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu einem wichtigen Bezugspunkt für die weiteren botanischen Gärten Nordeuropas.
Aufgrund des günstigen Klimas in Palermo wurden viele unbekannte, schlecht klassifizierte und exotische tropische Arten dorthin gebracht.
Wenn man das Gelände des "L'Orto Botanico" am Haupttor betritt, ragt das neoklassizistische Zentralgebäude, das Gymnasium, in die Höhe.
Statuen erinnern die Besucher an ursprüngliche Direktoren und Chefbotaniker wie Bernadino da Ucria oder Agostini Todaro.
Der französische Architekt Leon Dufourny entwarf sowohl die Gebäude als auch den ursprünglichen, ältesten Teil des Gartens, der in vier "Quatrains" unterteilt wurde und in denen da Ucria die Pflanzen nach dem Linne'schen Klassifizierungssystem ordnete. Die frühen Linnaen-Pflanzungen bestanden aus 1580 verschiedenen Arten, von denen heute noch 658 existieren.
Hier am Eingang befanden sich ursprünglich die Botanikschule, das Herbarium, die Bibliothek und das Büro des Direktors. Zu beiden Seiten des Gymnasiums befinden sich zwei kleinere, perfekt symmetrische Bauten.
Der erste Direktor des L'Orto Botanico, Giuseppe Tineo, überwachte den Bau des Monuments des Vordereingangs, drei Gebäude in perfekter Symmetrie, die Turnhalle, das Calidarium und das Tepidaium auf beiden Seiten. Ihren Namen haben diese, weil sie ursprünglich Pflanzen aus heißen und feuchten Gebieten enthielten (Caldo bedeutet auf Italienisch "heiß").
Eine schöne Geschichte zum Botanischen Garten:
In einigen Gärten der Stadt wie auch hier stand am Eingang früher ein Schild, auf dem geschrieben stand, dass der Eintritt ohne Kinder verboten sei. Damit wollte man vermeiden, dass Jugendliche sich in Gruppen in den Gärten versammelten, um herumzulungern und zu trinken. Zugleich wollte man den Familien einen sauberen Platz bieten, wo ihre Kinder spielen konnten.
In Folge haben sich die Kinder von Palermo etwas ausgedacht. Sie spazierten um diese Gärten herum und sobald sie jemanden gesehen hatten, sprachen sie ihn an und fragten, ob er für ein paar Lira in den Garten hineinbegleitet werden möchte. Viele kinderlose Erwachsene nahmen dieses Angebot an und so hatten die Kinder eine kleine Einnahmequelle gefunden, die ihnen das Eis finanzierte.
Wenn Sie die zentrale Allee vom Gymnasium aus hinunterschlendern, kommen Sie zu einem kleinen Platz , wo sich die Palmenalle kreuzt. Hier befindet sich das Aquarium, ein prächtiger runder Brunnen.
Er war ein Geschenk des Erzbischofs von Palermo und besteht aus drei runden Becken, die in jeweils acht Abschnitte mit je einer eigenen Gruppe von Wasserpflanzen unterteilt sind.
Wenige Meter vom Aquarium entfernt befindet sich mit der "Lagune" ein weiteres Nassobjekt, in dem Pflanzen informell angeordnet sind. Eine Bambushütte, die Besucher gerne erkunden können, befindet sich ebenfalls hier hinter dem Aquarium und überblickt die Lagune.
Kehren wir zurück in Richtung Gymasium, so erreichen wir neben dem EIngangsbereich eine weitere beliebte Attraktion des Parks, die monumentale Ficus Macrophylla (Moretan Bay Fig), die großblättrige Feige. Dank seiner massiven oberirdischen "Luftwurzeln" wird er auch "Luftwurzelbaum" genannt.
Ungefähr im Jahr 1816 wurde sie hier gepflanzt und ist mittlerweile mit 20 Meter Höhe und 13,50 Meter Stammumfang der zweitgrößte Baum seiner Art in Palermo. Ursprünglich kam die Feige von der Norfolk-Insel, einem Territorium Australiens, nach Sizilien.
Im Laufe der Zeit ist eine Reihe von Gewächshäusern mit einer Fläche von derzeit etwa 1.300 qm entstanden. Das älteste dieser Gewächshäuser ist Serra Maria Carolina, ein Geschenk des Königs Maria Carolina von Österreich, manchmal auch Giardino d'Inverno (der Wintergarten) genannt.
Es war ursprünglich aus Holz und wurde mit Öfen beheizt und wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts komplett aus Gusseisen restauriert. Der Wintergarten beherbergt eine Reihe von Arten, die in wärmeren Klimazonen heimisch sind.
In der Versuchszone an der Seite des Wintergartens werden tropische und subtropische Pflanzen zu Studienzwecken angebaut. Gegenwärtige oder frühere Versuche betrafen Weizen, Tomaten und Zuckerrohr.
Die Region für praktische Pflanzen, die sich durch den südwestlichen Teil der Gärten erstreckt, ist eine Region für Pflanzen, die eine Vielzahl von Ölen, Harzen und Fasern produzieren.
Oft als Nuovo settore (neuer Bereich) bezeichnet, umfasst er den südlichen Bereich der Gärten, in dem die Pflanzen nach dem Klassifikationsschema von Engler angeordnet und in vier Teile unterteilt sind.
Falls Sie nicht wissen, was ein Herbarium ist, es handelt sich dabei um eine Sammlung getrockneter Pflanzen und Blätter. Es ist also quasi ein Pflanzenarchiv für wissenschaftliche Zwecke und Botanikliebhaber. Das Herbarium im Botanischen Garten ist mit heute fast 400.000 Exemplaren ein riesiges Archiv, das seit Anfang des 19. Jahrhundert gepflegt wird.
Auch durch die Aufnahme der Sammlungen aus Siculo und General wuchs er zu seiner heutigen Größe an. Das Herbarium befindet sich in einigen Gebäuden neben den Gärten und nimmt eine Fläche von 6.000 m2 ein.
Die Sammlung, bestehend aus Gefäßpflanzen, Farnen, Moosen, Lebermoosen, Algen, Pilzen und Flechten, stammen sowohl aus Sizilien als auch aus vielen anderen Teilen der Welt, darunter Australien, Afrika, Mittel- und Südamerika und natürlich Europa.
Das Herbarium enthält eine interessante Sammlung von getrockneten Früchten (Carpoteca), Samen (Spermoteca), Holzproben (Xiloteca) und zahlreiche in Alkohol konservierte Früchte, die bis ins frühe 20. Jahrhundert zurückreichen.
Eine weitere Archivierung findet seit 1993 in der Genbank statt, die Teil einer größeren Initiative ist, die darauf abzielt, das genetische Material der Region zu bewahren. Das Hauptziel der Bank ist es, alle Samen, die in der Region heimisch, selten oder gefährdet sind, sowohl kurzfristig als auch langfristig zu konservieren.
Unser Tipp:
Nach einem Rundgang im Botanischen Garten können Sie im Cafè Talea am Eingangsbereich am Gynnasium noch ein kühles Getränk oder ein Essen genießen bevor es weitergeht.
Östlich vom Botanischen Garten grenzt die Parkanlage Villa Giulia, die 1778 als erster öffentlicher Park eröffnet wurde und ihren Namen von der Gattin des damaligen Vizekönig erhalten hat.
Wenn Sie den Park betreten, führt Sie eine Allee direkt ins Zentrum des Parkes.
Sehenswert in dem Park sind die vier nischenartigen Bauten im neoklassischen Stil, sogenannte Exedren, die auf dem zentralen Platz stehen und eine Sonnenuhr in der Mitte des Platzes zu bewachen scheinen.
Zudem befindet sich im Park die sehr sehenswerte Fontana del Genio.
Unser Tipp:
Sollten sie den Botanischen Garten und die Villa Giulia in der Reihenfolge besichtigen, so empfehlen wir Ihnen den Park beim Portikus mit Bronzelöwen zu verlassen.
Überqueren Sie nur noch die Straße und Sie gelangen zum Foro Italico, einer Gartenanlage am Meer, welche die Hafenbucht La Kala mit dem Süden von Palermo verbindet.
Unser Fazit zum Botanischen Garten
Die schwedische Strenge von Linnys Pflanzenordnung auf der einen, der exotische wilde Charme auf der anderen Seite. Der botanische Garten bietet Ihnen die Möglichkeit, nach einem Bummel durch die Stadt die Seele baumeln zu lassen, auf den Spuren Goethes zu wandeln und sich zwischen den bunten Farben des Gartens und der Villa in Tagträumen zu verlieren.
In einigen Reiseführern und Foren lesen wir immer wieder, dass der Park nicht empfehlenswert sei. Das können wir absolut nicht nachvollziehen.
Hier an diesem einzigartigem Ort verlassen Sie quasi die Hauptstadt und tauchen ein in eine Oase, in der Sie nur noch Tiergeräusche hören werden und eine einzigartige Pflanzenvielfalt bestaunen können. Wir empfehlen Ihnen, diese Gelegenheit zu nutzen, wenn Sie Palermo besuchen.
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